Unterzeichner von Nutzungsverträgen für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen stellen nicht selten fest, dass die auf den ersten Blick lukrative Vergütung gar nicht bei Ihnen ankommt. Dies kommt insbesondere bei fehlender anwaltlicher Beratung vor. Hierdurch wird häufig Kaufreue ausgelöst. Diese führt zu der Frage, ob eine ordentliche Kündigung des Vertrages möglich ist, obwohl sich dazu in den Verträgen üblicherweise nichts findet.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 12.03.2025 – XII ZR 76/24 hierzu Stellung genommen.
Sachverhalt:
Der Beklagte ist Eigentümer einer landwirtschaftlich genutzten Fläche in H. Seine Rechtsvorgängerin schloss am 23. Mai 2017 mit der Klägerin einen Nutzungsvertrag über dieses Grundstück. Die Klägerin beabsichtigte dort die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen. Der Vertrag war von der Klägerin für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert worden. Die Rechtsvorgängerin des Beklagten verpflichtete sich dazu, der Klägerin auf dem streitbefangenen Grundstück unter anderem folgendes zu gestatten:
- die Verlegung von Kabeln,
- das Anlegen von Zuwegungen und
- das Überstreifen von Rotoren von Windenergieanlagen auf anderen Grundstücken
Weiterhin verpflichtete sie sich zur Bewilligung von Baulasten für auf Nachbargrundstücken positionierte Windenergieanlagen. Zur Sicherung der Vertragsdurchführung sollte die Klägerin eine Dienstbarkeit erhalten. Für die Nutzung des Grundstücks war gemäß § 2 Nr. 1 des Nutzungsvertrags eine Nutzungsentschädigung vorgesehen.
Voraussetzung für die Zahlung sollte sein:
- die Eintragung der entsprechenden Dienstbarkeit nebst Vormerkung in das Grundbuch
- der Beginn mit dem Bau der Windenergieanlage
§ 3 Nr. 1 des Nutzungsvertrags enthält hinsichtlich der Vertragslaufzeit folgende Regelung:
„Der Vertrag beginnt mit der Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien. Der in § 1 bezeichnete Grundbesitz wird mit Baubeginn zur Verfügung gestellt. Der Vertrag endet gerechnet ab dem 31.12. des Jahres, in dem die Inbetriebnahme der letzten geplanten WEA erfolgt ist, nach Ablauf von 20 Jahren.“
§ 8 des Nutzungsvertrags lautet:
„Kündigung
Das Recht zur fristlosen Kündigung dieses Vertrags aus wichtigem Grund (außerordentliche Kündigung im Falle der Verletzung vertraglicher Haupt- oder wesentlicher Nebenpflichten) bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn der Nutzer mit der Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen mehr als einen Monat in Verzug gerät.“
In § 9 Nr. 1 des Nutzungsvertrags ist folgendes geregelt:
„Rücktritt
Beide Parteien können vom Nutzungsvertrag zurücktreten, wenn nicht in einem Zeitraum von 5 Jahren ab Unterzeichnung des Nutzungsvertrags die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der WEA erteilt wurde oder nicht nachgewiesen wird, dass die Genehmigung zeitnah bevorsteht. Der Rücktritt ist allerdings ausgeschlossen, soweit und solange der Nutzer mit Rechtsmitteln (Widerspruch, Klage) gegen die Versagung einer Genehmigung vorgeht. Der Grundstückseigentümer kann dann also zurücktreten, wenn die Ablehnung der Genehmigung rechtskräftig ist. Des Weiteren ist der Rücktritt ausgeschlossen, soweit und solange die Genehmigung von Dritten im Wege von Widerspruch und/oder Klage angegriffen wird bis ggf. eine rechtskräftige Aufhebung der Genehmigung vorliegt. Die vorbezifferte Bereitstellungsfrist kann durch den Nutzer bis zu einem Monat vor deren Ablauf durch die Zahlung eines Betrages in Höhe von EUR 500,00 einseitig und um ein weiteres Jahr verlängert werden. Der Rücktritt ist auch dann ausgeschlossen, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erst nach Ablauf von 5 Jahren erteilt wurde, dem Grundstückseigentümer aber vor Erklärung des Rücktritts die Genehmigung zur Kenntnis gelangt ist.“
Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 10. Februar 2022 die Kündigung des Nutzungsvertrags nebst aller etwaig hierzu geschlossenen Nachträge mit Wirkung zum 30. Mai 2022, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Es geht nun um die Frage, ob diese Kündigung wirksam ausgesprochen werden konnte. Der Nutzungsvertrag sieht keine Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung vor.
Entscheidung des Gerichts
Hierbei ist nach der Rechtsprechung des BGH zu unterscheiden:
Aus der maßgeblichen Sicht der Vertragsparteien ist bei Vertragsschluss zum einen ungewiss, wann das Ereignis eintreten wird, an das der Beginn der Laufzeitvereinbarung geknüpft ist. Weiterhin ist ungewiss, ob dieses Ereignis überhaupt jemals eintreten wird. Es liegt folglich eine aufschiebende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 1 BGB vor. Die Vertragsbindung besteht dann bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die fest vereinbarte Mietzeit beginnt indes erst mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 Abs. 1 BGB. In diesem Fall ist die Mietzeit bis zum Eintritt der Bedingung unbestimmt. Der Mietvertrag kann grundsätzlich durch eine ordentliche Kündigung beendet werden.
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